Sonntag, 11. Dezember 2016

ein rant statt moebius am sonntag


vor einer woche habe ich hier den am letzten wochenende wohl am meisten verlinkten artikel gepostet, was ich im nachhinein immer noch für eine gute idee halte. ich hatte einen abschnitt aus dem artikel als zitat gewählt, der jedenfalls mich - du hast ja sicher meine "ziemlich dummen ideen" gelesen und ahnst ein wenig, wie hier der hase läuft - an der ganzen sache am meisten ansprach: ich bin überzeugter smarphone/handy verweigerer, sachen wie "social" media gehen mir nahezu komplett am arsch vorbei und im grunde denke ich: "leute, früher oder später werdet ihr wohl auf die harte verstehen lernen, was für einen scheiss ihr da gebaut habt".

nicht, daß mir etwas daran läge, wie es dummen oder denkfaulen menschen so ergeht, die keine sekunde darüber nachdenken, welche konsequenzen ihr verhalten hat - nicht jetzt, aber in einer absehbaren zukunft. man hätte mir in der schule eben nicht dürrenmatts "die physiker" zum lesen geben sollen. irgendwie ist da was hängen geblieben und ich frage mich schon, seit wann das nicht mehr im unterricht gelesen wird, wenn ich jüngeren so zugucke. oder wenn ich im elektrofachhandel in einer wühlkiste einen gegenstand namens "selfiestange" entdecke und nicht weiss, wofür so was gut sein soll. aber hey, ich habe mich auch mal darüber gewundert, warum auf einem parkplatz richtung bitburg ständig ein campingwagen stand.

keine sorge, meine älteste hat mich aufgeklärt. meine mittlere wiederum konnte nicht verstehen, warum ich auf eine email von einer catXYZ123 nicht sofort begeistert antwortete, die mir schrieb, ihr mann sei so oft auf arbeit, sie fühle sich soooo alleine und überhaupt wünsche sie sich einen kater. aber ich schweife ab ...

im verlauf der woche, um auf den verlinkten artikel, dessen "held" davon sprach, er habe die bombe ja nur gefunden, eingesetzt habe sie jetzt ein anderer, zurück zu kommen, hatte ich ein paar deja vues.

im sinne von charles fort. ich durfte diesem land und seinen koryphären analphabloggern dabei zugucken, wie sie am ende alles in "sumpfgas" verwandelt hatten. "kommt mal auf den teppich, leute", gab mir die versammelte gemeinde zu verstehen, "wir sind doch menschen und ergo nicht dumm. so blöd, uns von sowas manipulieren zu lassen, und am ende einen vollidioten zum präse zu wählen, sind wir doch nicht. geschweige denn, die amerikaner. wir wissen ja auch nicht, woran das nun genau gelegen hat, aber ... sicher nicht daran, daß wir menschen dumm und manipulierbar sind ... oder daß sich - wie witzig ist das denn?? - gar eine fremde macht in den amerikanischen wahlkampf ein und sie dann aufgemischt hätte".

sumpfgas eben.

"kluge" analphablogger, immer berereit, drei sekunden, nachdem sie einen sachverhalt irgendwie zur kenntnis genommen haben, ihn stante pede mit einer "klugen" post zu kommentieren, hatten denn auch schnell "verstanden", warum man dem artikel, seinem inhalt, seinem autoren, dem magazin, in dem er erschienen war und überhaupt seinem "helden" lieber mal keinen glauben schenken solle, warum es sich nicht lohne, ein klitzekleines bißchen darüber zu meditieren, ob da nicht vielleicht von etwas geredet würde, was früher oder später vielleicht, eventuell doch noch von belang sein könnte.

wozu auch nachdenken?

während man nachdenkt, sieht einen doch keiner. nachdenken ist witzlos. das ist ja, wie auf einem fahrad fahren und dann bemerken, daß man keine selfiestange hat, um ein photo von sich zu schiessen, um der welt zu bedeuten "ich bin heute toll drauf, ich fahre fahrad und das ist der beweis!" (das war jetzt ein scherz, den ausser frau wang und mir wohl niemand verstehen wird, aber, hey, so ist das eben ...)

nachdenken ist aus der mode gekommen, eine meinung zu haben und das möglichst schnell hingegen wiederum gerade ziemlich en vogue. wir haben da ein großes hamsterrad, das danach schreit, am laufen gehalten zu werden. anmerkungen darüber, daß dieses hamsterrad eine kommerzielle einrichtung sei, in der irgendwelche leute, die sich jeder demokratischen verantwortung entziehen und denen es ausschließlich darum geht, mit der unbezahlten sklavenarbeit einer milliarde menschen ein vermögen für ihre shareholder zu machen, gelten als nicht erwünscht - schließlich spielen ja alle damit und anzügliche bemerkungen in diese richtung sind so etwas wie eine ansprache an einen besucher des oktoberfestes, den man nach der dritten maß versucht. über die gefahren des alkohols aufzuklären.

also sinnlos. oder ggfl. gefährlich.

"sumpfgas" hingegen ist cool. ich denke, die erste reaktion auf den artikel war die, daß sich da einer anmaße "er habe trump zum präsidenten gemacht". hat er zwar nicht, aber ich bitte dich - in zeiten der postfaktizität ist auch ein gefühlt aus einem artikel herausgelesener punkt, aus dem man dann einen anderen artikel generieren kann, der alles so affirmiert, wie das zu sein hat ("also wir menschen sind klug, nicht instinktgesteuert, wir lassen uns doch nicht manipulieren!") eher im bereich des erwartbaren.

na gut. ich habe in dieser woche auch eine menge dinge gehört, in denen sich menschen mit der thematik und deren "randgebieten" auseinandersetzen. zum beispiel ein schönes feature über das "nudging".

Nudging beeinflusst Menschen, ohne dass sie sich dessen gewahr werden. Wegen der positiv formulierten Ziele, gibt es wenig Kritik an dieser Art der Manipulation. Mit dem Ideal von Aufklärung und Demokratie hat das wenig zu tun.
ich lese auch mittlerweile artikel, in denen - überraschung, wer hätte das gedacht??? - die CIA sich ernsthaft gedanken macht, daß eine fremde, bislang doch eigentlich immer eher als "feindlich" angesehene macht, den amerikanischen wahlkampf aufgemischt hat. nicht "haben könnte" sondern "hat". also echt ... irgendwann wird wohl vielleicht jemand darüber anfangen, darüber nachzudenken, daß es diesen angriff auf europa schon seit einem jahrzehnt (so meine hier seit jahr und tag geäußerte vermutung) angegriffen wird.

mit dem gedanken, daß fakenews, und vor allem "social bots" und cyberkrieger gezielt eingesetzt werden, haben sich viele ja immer noch nicht angefreundet, die - menschen sind eben klug und nicht dumm - immer genau wissen, mit wem sie da gerade "das große gespräch" geführt haben und die genau wissen, daß das internet immer noch so eine tolle sache ist wie vor einem dutzend jahren.

kleiner tipp: ist es nicht, es hat sich im gegensatz zu manchen seiner nutzer, verändert. "wir haben unserem feind eine geladene waffe in die hand gedrückt und er sagt nicht mal danke".

ich muss sagen: diese sumpfgaserei geht mir ziemlich sonst wo vorbei. so wie mir in den 80ern alle, die mir erzählten, diese computerdinger seien nur zeitverschwendung und überhaupt, ob ich nix besseres zu tun hätte, auch ziemlich am arsch vorbei gegangen sind. menschen sind halt zu jedem xbeliebigen zeitpunkt dumm wie schifferscheisse, aber auch zu jedem xbeliebigen zeitpunkt von ihrer eigenen schlauheit gnadenlos überzeugt.

am ende meines rants darüber, daß es im grunde nichts bringt, deutsche analphablogger oder die einschläggen newsportale zu lesen, geschweige denn darauf zu setzen, daß menschen irgendwann mal rechtzeitig über die dinge nachzudenken beginnen könnten, die für ihre zukunft eigentlich essentiell wäre, aber noch ein paar pods, die mich dann doch wieder mit der welt versöhnen.

da ist einerseits ein interview mit daniel suarez, der darüber nachdenkt, wie uns die technologie verändert (ich weiß, "sumpfgas", wir menschen sind schlau und haben das im griff). sein "kill decision"
(ja, dieser kommentar ist von 2013, edward snowden war da noch kein name, über den man nachdachte, und ich nehme diesen kommentar immer gerne als beleg dafür, daß selbst ein idiot wie ich, auf so was kommen kann ...) lege ich immer noch - wie "drohnenland" von tom hillenbrand jedem ans herz, der sich nicht mit "sumpfgas" abspeisen lassen will. vorangegangen war - naja, jedenfalls auf meiner playlist - ein beitrag, der sich ein bißchen ausführlicher mit dem artikel auseinandersetzt, den ich vor einer woche verlinkte, "wie manipulierbar ist die menschliche psyche" 

aber, das alles wurde getoppt von der weltexklusiven vorabveröffentlichung der dankesrede von bob dylan für den erhalt des literaturnobelpreises, weil ich mich der darin artikulierten haltung des "ihr könnt mich mal!" doch sehr verbunden fühle.

wie dem blick charles forts auf die "geistesgrößen" meiner zeit und ihrer sehnsucht nach "sumpfgas" ... und selfiestangen. ein großteil dessen, was ich diese woche zum thema in den einschlägigen blogs gelesen habe, war das intellektuelle pendant zu eben jenen selfiestangen.

nutzloses gewäsch, das ausschließlich der eigenen profilierung dient und der demonstration, und um wie viel schlauer als der autor des artikels man doch sei.

eigentlich bin ich ja - als braver buddhist - wunschlos, aber einen hätte ich vielleicht doch: daß diese ganzen elenden schwätzer nur einen einzigen tag statt ihre - irrelevante - meinung ins netz zu scheissen, ein einziges mal über irgendetwas nachhaltig eins zwei tage nachdenken könnten, bevor sie ihre öden selfiestangen hochhalten.

[ps] ach ja, der boomerang ist immer noch nicht zurück gekommen ;)

[pps:] und wenn die hosen erst mal unten sind, geht's meistens sehr schnell ... Wikileaks: Sicherheitskreise: Geheimakten des Bundestags von Russland gehackt

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