Donnerstag, 18. August 2016

contenance, werte prinzessinnen ...

ich bin ja ein ausgesprochener freund der prinzessinnenreporter, ich mag ihre leichtigkeit, mit dem sie den unbillen der zeiten mit einem frechen grinsen und vor allem einem gerüttelt maß an contenance begegnen.

die tage allerdings war ich irgendwas zwischen "ein wenig irritiert" bis "geschockt" und ... muss mich schärfstens distanzieren (was die damen und herren, sollten sie die tradition der wöchentlichen liste der dinge, von denen sie sich distanzieren, wieder aufnehmen, eigentlich auch tun sollten) von einer post, die mir einen tick zu hysterisch und ganz und gar unpassend erscheint.

schaum vor'm mund scheint mir dann doch ziemlich unziemlich.
Eine unverschämte Diffamierung des Judenstaats zur besten deutschen Sendezeit. Die ARD sollte man dafür auflösen.
wie bitte???? ich kann ja verstehen, daß man manchmal über die blödheit eines journalisten rasend werden kann und eine scheune sucht, um sie (gut geteert und gefedert) an deren tor zu nageln, gerade in AFD-affinen kreisen besteht ja in diesen ("LÜGEN!PRESSE!") fragen ein vermehrter bedarf nach scheunen, teer und federn - aber in den heiligen hallen der prinzessinnenreporter?



über die frage, wie groß der haufen ist, den da ein ARD reporter in die viertelstunde gequetscht hat, wieviel davon richtig oder falsch ist, ob man sich über die dummheit erregen soll, darf, muss ... will ich mich nicht groß äußern, ich bekomme ja keine schnappatmung, wenn mal wieder jemand den "judenstaat" unanständig "diffamiert", auch wenn seit tagen bei "tapfer im nirgendwo" dafür getrommelt wird, in selbige zu verfallen, muss mich das nicht anstecken ... und freunde, tut es nicht.

ärgerlich, ja, grund für hysterie und überschnappen? nein danke.

ich mache jetzt also etwas, was in der regel nur ärger bringen kann, weil, was man auch und vor allem aus welcher perspektive man es macht, kritik am "judenstaat" per se zu hysterie und schnappatmung und ... zwangsläufig zu dem vorwurf, ein elender "antisemit" zu sein, führt.

also definiere ich erst einmal meinen standort.

aharon appelfeld erzählt eine geschichte, die mich sehr bewegt hat und die ich grundätzlich an dieser stelle, also wenn das gespräch auf das thema israel oder "die" juden kommt, kurz und knackig so zusammenfasse: stell dir vor, eines tages wird ein mann aus seiner wohnung gezerrt, auf einen laster geworfen, dann in einen waggon gestopft zu einer menge anderer menschen. auf dem weg ins kz, in der enge, in dem wahnsinn, in dem gedränge der zu vielen menschen in einem zu kleinen raum trampelt er unbeabsichtigt einen anderen menschen unter sich zu tode. er kommt im kz an und überlebt es ... aber er leidet den rest seines lebens darunter, daß er überlebt hat und sich für den tod dieses einen menschen verantwortlich fühlt.

und, das ist der wunderbare punkt, an den appelfeld mich geführt hat, dabei ist es egal, ob dieser mensch nun ein jude, ein "zigeuner", ein "schwuler", ein "asozialer", ein kommunist oder was auch immer war.

nur, wenn wir das leid dieses einzelnen menschen verstehen, verstehen wir, wovon die rede ist. eine zahl wie 6 millionen ist abstrakt, diese geschichte von appelfeld ist greifbar. es geht nicht darum, wer oder was jemand ist ... es geht um empathie. entweder wir fühlen den schmerz dieser einen person ... oder wir sind heuchler, die das leid derer, die umgebracht wurden, weil sie eben "etwas" (also jude, kommunist ...) waren, schändlichst mißbrauchen.

dies gesagt: der "judenstaat" ist kein solcher.

es ist ein land, das zwar von juden gegründet wurde, aber ... nun ja, in diesem land leben auch menschen anderer religion oder provinienz. ja, selbst wenn ich jetzt eine sekunde über den begriff "jude" meditiere, komme ich zu dem ergebnis, daß ich ja gar nicht weiss, was das sein soll.

also, wenn man - nur zum spaß - "newsbreak" von schätzing gelesen hat, wenn man weiss, daß es orthodoxe juden gibt, die diesen staat für g*tteslästerlich halten, wie mich mal der dlf in interessanten sendung informierte und daß es menschen gibt, die gerne in jerusalem (oder war es tel aviv?) eine mauer hätten ... nicht etwa um die palästinenser draussen zu halten, sondern um die religiösen irren von den säkularen zu trennen, wenn man den unterschied kennt zwischen der haltung der leute von "breaking the silence" und diesem verbrecher, der seit jahrenden die israelische bevölkerung mit fear mongering in geiselhaft hält, statt endlich valide anstrengungen zu übernehmen, frieden zu machen, wenn man weiss, daß gerade israelische dichterinnen verzweifelt gegen die meinungsmache in ihrem land ankämpfen, in dem NGOs mittlerweile so drangsalisiert werden wie in putins russland ...

dann kann man einen, der vom "judenstaat" redet, eigentlich nur für genau so einen rassisten halten, wie irgendso einen untergebildeten pegidisten. und: genau das tue ich.

es gibt das nicht "den" juden.

es gibt menschen jüdischen glaubens mit einer wirklich leidvollen geschichte. so wie es das nicht gibt "den" deutschen. mein großvater zb. war anhänger der vitus heller bewegung, katholischer gewerkschaftler, der 1933 mit "heim ins reich - aber nicht gleich" zu den 7% gehörte, die an der saar gegen adolf ankämpften und verloren. und ja, dafür erst mal ins kz gesteckt wurde.

was ich also hier erlebe, liebe freunde des "judenstaats", das ist wirklich propaganda von der dämlichsten art - und ich kaufe den scheiss nicht. jemand in der ARD hat mist gebaut, OMG, "call the smithonian, i made a discovery, life ain't forever and lunches ain't free", das ist ja mal was ganz was neues und jetzt muss die ARD aufgelöst werden???

kommt also alle mal runter.

es gibt, und das gebe ich euch mal mit, damit ihr was zu meditieren habt, eine schöne geschichte über den ehemaligen vorsitzenden des zentralrats der juden, ignatz bubis, der auf einer veranstaltung mal von einem oberschlauen CDUler mit den worten "sie sind ein würdiger vertreter ihres landes" begrüßt wurde, trocken mit "ich bin deutscher, mein herr!" antwortete.

das verdient, wie die geschichte appelfelds, meine zuneigung und meinen respekt, wie die leute von "breaking the silence" und die friedensbewegten in israel. aber leute, die von einem "judenstaat" faseln, für die habe ich nur verachtung und halte sie für rassisten, die unfähig sind zu verstehen, daß in diesem land auch andere leben, die ebenso ein recht auf ein menschenwürdiges leben haben, das ihnen von religiösen und rassistisch verblendeten schlicht seit fast einem jahrhundert verweigert wird, die besser mit dem krieg und dem töten zurechtkommen, weil es dann "auge um auge und zahn für zahn" weitergehen kann.

oki, und jetzt lege ich mir eine strichliste an, wieviele beschimfungen als "antisemit" ich mir wohl werde anhören müssen. glaubt mir, damit lebe ich seit 20 jahren in solchen diskussionen, den scheiss stecke ich ein.

aber ihr, freunde, ihr müsst euch fragen, wieviel an dem, was ihr gerade in die welt pustet, schlicht rassististisch und die pure heuchelei ist.

wie gesagt - ignaz bubis. schneidet euch mal ne scheibe von dem ab statt hier das hamsterrad zu füttern.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen