Mittwoch, 11. September 2013

aus den archiven: richtungswahl 2005

ich hatte es ja angedroht, daß ich nochmal mein posting zur wahl von 2005 zum besten geben werde.

du erinnerst dich? die plakate sahen so aus ...


das ist das wirklich schöne am bloggen, daß man sich jahre später noch mal über die schulter gucken und dabei beobachten kann, was einem alles mal irgendwie wichtig genug war, es für die archive festzuhalten.

ich habe mir erlaubt, ein paar aktuelle links einzuflechten, wenn das eine oder andere thema (wie etwa der "Brandbrief von maurer") nicht mehr so in erinnerung ist - oder wenn ich eine ziemlich gerade linie von diesem 8 jahre alten text bis in meine aktuellen beiträge feststelle (die "emotionsdemokratie", die heute eine "erregungswellenbloggosphäre" besitzt).

"deutschland nervt: Richtungswahl?"  (WEDNESDAY, JUNE 22, 2005)


richtungswahl? 

ich kann ja verstehen, daß es in zeiten des wahlkampfs nicht ohne eine gewisse polarisierung geht, aber als ich eben renate künasts stimme im dlf nachtjournal hörte, die eine "richtungswahl" proklamierte, hat mich das fast fassungslos gemacht. 
nach 6 jahren mit "meinen leuten" in der regierung kann ich persönlich keine divergierenden richtungen erkennen. mich beschleicht eher das gefühl, daß das, was man allgemein "rot/grünes projekt" nennt, sich eigentlich eher darauf konzentriert hat, ein system zu reparieren, das - soweit ich mich erinnere - wenn schon nicht abgeschafft doch zumindest verändert werden sollte. 
irgendwie fällt es mir schwer, dem begriff "richtungswahl" etwas abzugewinnen. was wird sich denn de facto - sieht man von einer aussenpolitischen rückkehr in den after des großen bruders - ändern?
die forschen herren und damen von der opposition werden sich dem selben medialen flohzirkus gegenübersehen, dieser emotionsdemokratie - der eigentlichen hinterlassenschaft des fettesten kanzlers der republik - und irgendwie kann ich mir nicht vorstellen, daß eine wie auch immer geartete "aufbruchsstimmung" die ersten hundert tage übersteht.
der "sankt pauli spiegel" des herrn aust schreit genauso nach täglich frischen möppsen wie die BLÖD - von den geistig unterbelichteten politredakteuren, die täglich nur noch den einheitsbrei aus ihren newstickern aufpolieren und als "meinung" ausgeben ganz zu schweigen.
warum sagt frau künast nicht "sorry, leute, der gerd ist zu blöd zum rücktritt und ich bin mir eigentlich zu schade für pseudo-fröhliches getue und in-optimismus-machen"? ach ja, weil wahlkampf ist und die babies geknutscht werden müssen ...
das alles hat für mich eher den charakter von bauernstadl und es widert mich an, jetzt wieder drei monate alle varianten von verblödungen, lügen und heucheleien über mich ergehen lassen zu müssen, nur weil diese allzeit peinlichen sozis mal wieder ihre ausgeprägteste charaktereigenschaft demonstrieren müssen: mangel an charakter und rückrat.
dieser elende minderwertigkeitskomplex, mit dem sich diese flaschen ständig beweisen müssen, daß sie die CDU politik besser machen können als das original. das dann natürlich tatsächlich die kompetenz hat, die performance als miserabel zu bewerten.
"richtungswahlkampf" - daß ich nicht kichere ...
irgendjemand in der runde, der wirklich allen ernstes a. daran glaubt oder - schlimmer noch - b. überhaupt möchte, daß der gerd kanzler bleibt?
ich - offen gestanden - nicht.
ich bin diese mätzchen leid, dieses erpresserische rumkommandieren der eigenen partei, bis nur noch so ein jammerhaufen übrig bleibt, der nach dem brandbrief von mauer nicht in der lage ist, die nächste laterne anzusteuern und in ein energisches "ca ira" einstimmt ...
ich kann diesen kerl nicht mehr sehen oder hören, weil er nicht den funken einer eigenständigen kohärenten idee hat, die dem panischen deutschen coutch-potatoe-people vertrauen einflössen könnte, daß die dinge ins gleichgewicht gebracht werden können. jetzt täglich neue wahlversprecher (steuern für reiche, kostenfreie kindergärten) abfeuern, wo man sich doch fragen muss: leute, bitte ... ihr hattet 6 jahre zeit und was ist???
ich will nicht sagen "nada", weil das unfair wäre. daß wir alle ein bißchen aussenminister und stolz waren, als joschka seinen kleinen clash mit ronald dummsfeld hatte, okay, das tut wahrscheinlich noch in 10 jahren gut. aber der rest? eher kosmetik ... six feet under style.
und deshalb, sorry, muss der gerd weg und wir müssen damit leben, die nächsten vier jahrhunderte in der opposition endlich wieder im besitz allgemeingültiger wahrheiten zu sein ...
bevor mich jemand missversteht: natürlich werde ich im september wählen gehen und das wählen, was ich seit über 20 jahren wähle: grün.
aber nicht, weil es um eine "richtung" geht oder weil ich irgendwie hoffen würde, es würde danach weitergehen, wie bisher. nein, sondern weil die themen, die zur gründung der partei geführt haben, heute noch die selben sind, und ich mich auch nach 6 jahren - trotz aller kritik - , gut vertreten fühle vom real existierenden leitenden personal. wer an joschka ua. rummaulen möchte, soll's bitte besser machen ... und daß ein grüner parteitag heute noch in der lage ist, einen medienfurz mit illustrem namen trotz "adelung" durch die aust'sche sexpostille & BLÖD im duett so herzergreifend zu zerpflücken wie dies am wochenende geschah, läßt mich hoffen, mich auch noch in ein paar jahren nicht dafür genieren zu müssen, grün zu wählen.
sorry, langer vortrag, aber irgendwie musste ich mich mal abreagieren.

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