Donnerstag, 1. November 2012

URKS: local blogging late 70ies style

das sorry, das wird jetzt sehr bildlastig und ... äh ... auch ein bißchen arg persönlich und - wie immer - ausschweifend.

da aber den autoren dieser archivalien und den autor dieses blogs mehr als 30 jahre voneinander trennen, die darin gestandenen schandtaten verjährt sind, der peinlichkeitsfaktor, der sich unvermittelt einstellt, wenn man seine in der wildesten jugend verfassten melancholischen texte liest, hier sich einigermaßen in grenzen hält und der bezug zur gegenwart und ihren wunderbaren techniken geradezu danach schreit: hier ein paar artefakte aus dem archiv. 

ende der 70er lebte ich - nach 9 jahren im klosterinternat in bonn - für ein paar jahre in püttlingen und hatte das unendliche glück, ähnlich tickende freaks kennenzulernen, mit ihnen ein paar wunderbare jahre in einer szene, die sich "hinterwald" nennt, erleben zu dürfen. freunde, mit denen man in einem provinznest eine zeitung und einen verein gründen konnte. 



im wesentlichen das selbe wie bei den piraten: alle wollen mitreden, jeder ist scharf auf ein pöstchen und keiner macht was ... ich kann mir also seit ca 1980 ganz gut vorstellen, wo und wie das endet.


die URKS war auch so eine idee, wie sie halt entsteht, wenn freunde auf matratzen zusammen hocken, bekifft "max romeo & the upsetters - war ina babylon" hören und beschließen, "was zu machen". im gegensatz zur fama, kiffer seien hänger und bekämen nichts auf die reihe: die auszüge hier stammen aus der URKS No 11, es gibt etwa 15 hefte über mehrere jahre, die ersten 6 ausgaben mit einem sog. "umdrucker" handgedruckt, sortiert, geheftet und für 50 pfennig an den mann gebracht.

so funktionierte eben blogging in den 70ern. 

eine menge stupider arbeit aber auch eine menge spaß mit freunden, guter musik einem hinlänglichem vorrat relativ ungefährlicher drogen und dem gedanken, daß morgen die welt in die luft fliegen könnte, "tanz auf dem vulkan, tanz auf dem vulkan, so nennen wir das" (hans-a-plast).

die "guten alten zeiten", in denen man sich damit "trösten" konnte, daß es die welt mit einem großen BÄNG in tausend stücke reisst - heute muss man ja damit leben, daß sie offensichtlich "not with a bang but with a whisper" zugrunde geht und halt nervtötend vor sich hin röchtelt, daß die melancholie ("... in der südsee") für jahrzehnte der lethargie gewichen war, die aber gerade einer wilden klickerei und kurzen statements über alles, was einem so gefällt oder eben nicht, platz machen muss.

es wird jedenfalls eine menge geschnattert, die theke, an der alle ihren kommentar abgeben können, ist unendlich länger, planetenumspannend geworden. zu blöd: ich sitze immer noch im wald und da dürfen nur vögel zwitschern, weil ... ich nicht verstehe, was sie sagen, von wem sie reden und über wen sie schimpfen. 


was es nicht gab: computer. es gab schreibmaschinen, tipp-ex, zeitschriften, aus denen man mit der schere plünderte und uhu, um ein geklautes comic in eine handbemalte seite hinein zu montieren. und - bitte im auge behalten - wir reden hier über die 70er, die für den "nachgeborenen" wohl für immer ein unverständliches mirakel bleiben müssen. 

wie konnte man nur so irre sein, wie junge menschen in jener zeit? 

verspätete, aber "serious" hippies "on the bus" mit den "dead", von timothy leary angemacht, marley's "one love"-flausen im kopf und clash musik in den beinen? so was von "geht ja gar nicht". war aber damals noch möglich, weil keiner einen computer und damit jede menge zeit hatte, andere bekloppte zu finden, die genau so schräg drauf waren und in der plattensammlung sachen hatten, die man schon seit jahren unbedingt mal hören wollte. das ist so was von last century, daß man manchmal das gefühl bekommt, diese ganze sache habe sich auf einem anderen planeten abgespielt.

aber - oops, same planet but no computers ...

deshalb sehen liebevoll hangemalte und mit einer QUELLE-privileg-schreibmaschine getippten seiten eines "fanzines" oder eines "local blogs 70ies style" so aus

"local blog" deshalb, weil es natürlich local berichtenswerte ereignisse gab, die heute mit einem 148 zeichen tweet um die welt rasen und in GROSSBUCHSTABEN hinausschreien würden: "in einem saarländischen kaff ist die DKP mit 7% in den stadtrat eingezogen!"


die stadt macht das JUZ zu!

yep, genau das war nämlich passiert. die stadt hatte das jugendzentrum geschlossen, weil es dort angeblich ein "drogenproblem" gab und überhaupt alles ein einziger "saustall" war, die jugendlichen waren sauer, veranstalteten eine demo ... und wurden dabei nur von der DKP unterstützt. die jusos waren in ihre löcher gekrochen, bzw. in die ihrer stadtratsfraktionsoberen, was, wenn ich das recht erinnere, den einzig wirklich aktiven juso dazu brachte, den kram, sprich seine veranstaltungen in der stadt (tolle konzerte!) und die zeitung ("drum"), die sie herausgaben, einzustellen

vor allem aber führte die sache zu aller verblüffung dazu, daß die DKP (du weisst schon, das ist die Deutsche Kommunistische Partei, der fünfte kolonne der damals noch real existierenden kommunistenrepublik auf deutschem boden jenseits einer mauer ...) mit SIEBEN prozent in den stadtrat einzogen.

wenn man das so liest, fragt man sich doch, ob sich in den letzten vierzig jahren sonderlich viel in der politik geändert hat, oder ob eigentlich nicht alles beim alten geblieben ist, im großen wie im kleinen?

nope, die spd versucht immer noch durch alle möglichen körperöffnungen fester bestandteil der cdu zu werden, da gilt immer noch das verdikt rudi dutschkes über diese elend feige partei, die nicht viele brauns zu bieten hat, die über so etwas wie "ehre" reden durften - aber, im gegensatz zu "damals", als man noch zur not den von der stasi finanzierten und wahrscheinlich auch durch irgendeine der pappnasenständig "nach hause" berichteten wahlkampf einer eins a kommunistenklitsche zurückgreifen musste:

kurz danach konnte man die grünen wählen.

die ja heute von leuten, denen das denken schwer fällt, gerne als "angepasst" bezeichnet und vor allem verdächtigt werden, eine "ökodiktatur" anzetteln zu wollen oder sie (wahrscheinlich im bunde mit den blöderbergern und illuminieten, der trittin soll ja unlängst ...) schon längst realisieren.

auch wenn diese eigentlich dramatische einsicht an dieser stelle ein bißchen verschleudert ist - ich werde sie bei passender gelegenheit auswaltzen: andersrum wird ein schuh d'raus. es ist nicht so, daß die grünen sich "der gesellschaft" angepasst haben, was man aber nur verstehen kann, wenn man "die gesellschaft" von "damals" kennt. es ist umgekehrt: die gesellschaft hat sich den grünen angepasst.

ein einfacher biologischer effekt, in dessen verlauf einerseits eine menge von und unter den nazis sozialisierten menschen den weg allen irdischen ging und die rotzlöffeligen, frechen, langhaarigen spätpubertären revoluzzer ihren platz übernahmen. ganz einfache sache. wenn früher ein cdu.politiker gesagt hätte, er höre AC/DC, der wäre in einer klappse gelandet. heute ist es das mindeste, was man von so einem erwarten kann und es ist kein witz, daß koch mit dem dalai lama befreundet ist und dieser nervende inquisitor aus dem VISA ausschuss bei "amnesty international".wahrscheinlich gibt's auch einen lee perry adepten in der CDU und ich frage mich, was der wohl so in seinem hobbykeller so treibt, genauer, ob er sein chalice selbst gebastelt hat.

das ist aber gar nicht der eigentliche gedanke, der ist viel fieser

leute, es ist schon klar, daß jeder sich eben nur vorstellen kann, was eben in seinem kopf so haust. menschen, die nur "sich anpassen", "sich nach oben kämpfen" und nach "unten treten" können, können sich eben nicht vorstellen, daß das nicht unbedingt die grundhaltung aller auf dem planeten ist. nur weil man selbst ein schwein ist, müssen noch lange nicht alle anderen auch grunzen und sich im schlamm suhlen.

man nennt dies "projektion". kleine hirne, die in den 60er, 70ern james-bond-sozialisiert sind, können sich wahrscheinlich ganz gut vorstellen, daß irgendein böser oder eine böse gruppe, sei es nun dr. no, die juden oder zur not auch die grünen, eine diktatur errichten möchten.

wenn man das mit der projektion verstanden hat, fällt es einem leicht, sich vorzustellen, diese hirnis wären an der macht.

ooops. das sind sie ja!

die sitzen heute in den "qualitätsmedien" und erzählen dir, daß alles schon immer so war, wie es jetzt ist und auch immer so bleiben wird, weil sich der mensch, so wie er ist, nun einmal nicht verändert - du aber dich bitte vor ein paar sachen ängstigen sollst, damit sie dir jeden tag deine ängste erklären können: kommunisten, bärtige muselmanen, gierigen und faulen griechen und welchen blödsinn du halt eben bereit bist, zu schlucken..

das, herrschaften, das war tatsächlich schon immer so.

nur daß sich eben gerade eine menge dinge verändern und es dieses mal schwer sein wird, sich im nachhinein die geschichte so zurecht zu biegen, daß sie wieder in das kleine hirn reinpasst, und -  es sieht so aus, daß bald niemand mehr zuhören wird, weil, wie mir unlängst dr mercedes bunz so schlicht wie erschütternd nahelegte: es hat sich was mit dem herrschaftswissen und dem vorteil der spezialisierung.

ja schon okay, ich druckse hier herum

ich schweife ab und in wirklichkeit verstecke ich hinter dem ganzen geplapper nur diese beiden seiten aus der URKS 11, 1978, in denen ein junger mann sein elend in den mond heult: warum zum teufel haben die mädels hier alle so dicke norwegerpullover an?

naja, die in der disco, die ...

aber da trieb sich der autor dieser zeilen längst im wald herum, saß mit freunden in einer hütte, hörte "the last lonely eagle" von den new riders of the purple sage, "death don't have no mercy" von hot tuna oder ein wunderbares 70er new years eve im Winterland, SF von den dead, bill graham announcing ...

frauen, die sich nachts mit dieser art langhaarigen hippies im wald herumtrieben und sich "zu gut für travolta und die bee gees" waren, kannten wahrscheinlich simone de beauveoir bevor nina hagen ihren namen herausbrüllte.es gelang ihnen jedenfalls immer perfekt, diesen eindruck zu erwecken ...

madonna war da leider noch nicht erfunden, aber immerhin, es gab patti smith.

aber: an den dicken pullovern musste doch jemand schuld sein. na klar, die alice schwarzer, wer sonst ...



was sich für den vater dreier erwachsener töchter schon lustig liest ;-)

was alice schwarzer betrifft: verdammt ich hab's damals schon geahnt, daß die frau bleischwer moralinsaures gift ist - aber mal ehrlich, daß sie so jämmerlich endet? 

als islamophobe & werbe-girl für die BLÖD? tiefer kann man nicht fallen ...

ich fand übrigens die "courage" (wow, es gibt einen wikieintrag) damals übrigens definitiv besser und habe das extraheft "menstruation" jahrzehntelang in meinem archiv gehütet, bis ich es einer meiner töchter geschenkt habe. 

soviel zu alice schwarzer. 

wir hätten damals mal besser auf esther vilar hören sollen ... oder verstehen, daß nur beide zusammen und das auch nur halbwegs sinn machten. daß es frauen gibt, die gerne schuhe kaufen und andere, die vegan leben und lieber barfuss laufen möchten. oder oh schreck, irgendwie "mittendrin" und genau so hilflos wie du und ich sind.

aber ich schweife ab ...

wenn du dich jetzt fragst, wie ich es bloß geschafft habe, ein ggfl erbärmlich vergilbtes blatt aus einem fernen jahrzehnt so schön hinzukriegen: das geheimnis besteht vor allem darin, daß man auch vor der erfahrung des wechsels von kassetten auf 5 1/4 zoll disketten auf 3 1/2 zoll auf CD auf DVD auf USB festplatten ... verstehen konnte, daß datenträger nicht ewig sind und man angesichts der vergilbenden originale sich eine kopie anfertigt, alles noch mal neu zeichnet und schreibt, ein buch daraus bindet und hofft, daß es länger zu lesen ist als manche kopie einer alten programmversion auf einer DVD, deren erfinder definitiv in der hölle landen werden.

und, auch das: du fragst dich vielleicht, warum hier nicht die ganze zeitung inclusive des tollen titelbilds und aller anderen wunderbaren grafiken, die einer der besten comiczeichner, die ich kenne, für die zeitung gemacht hat, nicht auftauchen. nun, es gibt da einen wirklich exzellenten comic-zeichner, dessen werk es verdient hätte, daß viele leute und nicht nur die wenigen, die es gesehen haben, daran teilhaben könnten.

aber leider hat er es nie geordnet, zusammengefasst, herausgegeben. das recht, das zu tun, kann ich mir nicht herausnehmen, so gerne ich es tun würde. nicht aus irgendwelchen bescheuerten copyrightrechten sondern aus respekt vor seiner entscheidung, dies nicht zu tun. 

das elend mit geschichten ist, daß sie nicht in gedächtnis existieren, so lange sie nicht erzählt werden. warum auch immer.die URKS ist nur ein fettauge auf einer sättigenden suppe, in der die songs vieler beteiligter bands zb. nur darauf warten, gehört zu werden.

ach ja: auf das verdammt boshafte miststück wirst du wohl etwas warten müssen ...

kleines ps zum "drogenproblem": 

natürlich wurde da gekifft. auf einer wiese ein wenig abseits des jugendzentrums. wir waren ja nicht bescheuert, den laden in schwierigkeiten bringen zu wollen ...im nachhinein denkt man, man war blöde, nicht im JUZ selbst zu kiffen, es wäre ja eh auf das selbe hinaus gelaufen.


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